Für uns bei CitizenLab ist ein Follow-Up Besuch bei unseren Kunden etwas Besonderes. Weil sich nun nämlich zeigt, wie Beteiligung wirkt und eine Beteiligungskultur gedeiht. 

Heute geht es zurück nach Coburg. Hier begann im Jahr 2022 der Green Deal Coburg – lesen Sie auch unsere erste Fallstudie dazu. In diesem Artikel nehmen wir das 2. Jahr Green Deal in den Blick und prüfen auch, wie sich die Plattform als zentraler Ort der Beteiligung entwickelt hat, an dem „die Fäden zusammenlaufen“.

Einstimmig für Beteiligung, einstimmig für den Klimaschutz

Dem Green Deal in Coburg (entwickelt vom Team um den Oberbürgermeister Dominik Sauerteig) lag ein politisch einstimmiger Stadtratsbeschluss zugrunde. Das war 2021. Und so ging der Green Deal als Bürger*innenbeteiligungsprojekt mit gutem Rückenwind in die Öffentlichkeit!

Im Frühjahr 2022 startete die erste Beteiligungsphase des bis 2024 laufenden Projekts. Die Leitung des Projekts liegt bei Karin Engelhardt, in Coburg für Innovation, Projektentwicklung und Partizipation zuständig. Alle Coburger*innen waren aufgerufen, ihre Ideen zum Green Deal Coburg 2030 einzureichen. Konkret geht es in Coburg darum, den European Green Deal auf lokaler Ebene umzusetzen – durch ein ganzheitliches, kommunales Nachhaltigkeitskonzept, das zusammen mit den Bürger*innen entstehen soll.  

Schon über 800 Menschen haben sich für Coburgs Beteiligungsplattform registriert. Bei knapp 40.000 Einwohner*innen!

Coburgs hybrider Beteiligungsansatz 

Ziel war es, mit Beginn der Ideensammlungsphase möglichst viele Coburger*innen abzuholen – wobei der Fokus explizit auch auf jungen Menschen liegt. Weil sie es sind, die die Klimakrise am stärksten betreffen wird. Der Ansatz in Coburg hieß deswegen von Anfang an: Von der Kita bis zur Uni! Aber natürlich sind alle Menschen in Coburg aufgerufen, sich für die Klimazukunft ihrer Stadt einzubringen. Breite Beteiligung vieler verschiedener sozialer Gruppen kann nur gelingen, wenn die Menschen auf unterschiedlichste Weisen angesprochen werden – online und offline.

Online-Beteiligung: Die Plattform als  360° Drehscheibe

Die Beteiligungsplattform der Stadt ist Coburgs Drehscheibe für Information und  Online-Beteiligung. Aber sie ist auch der Ort, an dem sich die Coburger*innen über alle Aspekte des Green Deal informieren und ihre Ideen für mehr Klimaschutz in Coburg digital einbringen können. Und natürlich finden sie auf der Plattform alle Informationen für Offline-Beteiligungsmöglichkeiten, sowie Termine für Veranstaltungen. Über die Plattform werden Einladungen verschickt und Zwischenergebnisse von Offline-Treffen präsentiert.

Kurzum: die Plattform ist der Ort, der volle Transparenz herstellt. Hier können alle Phasen des Green Deal klar im Blick behalten werden. Die Bürger*innen und alle Akteure der Beteiligung wissen exakt, an welchem Punkt das Beteiligungsprojekt aktuell steht.

Die Menschen stets auf dem Laufenden zu halten, ist für kontinuierliche Beteiligung das A und O. 

Die Zeitleiste der CitizenLab-Plattform gibt einen genauen Überblick über den Status Quo aller Beteiligungsprojekte. Aktuell befindet sich der Green Deal in Phase 6: Ausarbeitung der Projekte.

Die Menschen kommen. Die Menschen nutzen die Plattform 

Allein zum 1. Green Deal Stammtisch kamen über 70 Coburger*innen. Zur Ideenpräsentation im Rathaussaal sogar mehr als 100. 270 Ideen wurden online eingereicht. 

Um wirklich breit zu beteiligen und eine vielfältige Bürger*innenschaft zu erreichen, geht Coburg in seinem Ansatz konsequent hybrid vor: Vom Infostand zur digitalen Ideen-Abstimmung – so kann das Beste aus der Beteiligung geholt werden. Und schließlich ist es ja so: Menschen haben unterschiedliche Vorlieben, wie sie eingebunden werden möchten- hybride Beteiligung berücksichtigt das.

Vernetzte Beteiligung  

In Coburg sind vielfältige Beteiligungsformate entstanden: Online-Stammtische als Ideenschmieden, der Markt der Projekte oder die Nachhaltigkeitstage. Zwischen den Stammtischen werden die Ideen immer wieder im Rathaus präsentiert – vor der Öffentlichkeit und der Verwaltung. Präsenz-Stammtische sind übrigens an wechselnden Orten über die Stadt verteilt, auch mit dem Ziel, diverse Zielgruppen anzusprechen.

Umrahmt ist die Partizipation durch die intensive Inklusion regionaler Stakeholdergruppen – z. B. Umweltschutzorganisationen wie der BUND, aber auch lokalen Bildungsgseinrichtungen. An Coburger Schulen werden bspw. Green Deal Themen in einer Kooperation mit Greenpeace erarbeitet. Der gesamte Prozess wird auf der Plattform begleitet, in Form eines Blogs, Dokumentationsmaterialien, uvm.

Die Idee hinter dem Green Deal: „Alle Bürger*innen und Institutionen mitnehmen, auf Eigenverantwortung und Kooperation setzen und einfach mal loslegen.

Oberbürgermeister Dominik Sauerteig

Intersektionale Beteiligung in Coburg

In Coburg passiert die Beteiligung nicht in sich abgeschlossen, sondern ruft viele Überschneidungen hervor. So sind Themenerarbeitungen aus den Schulprojekten auch als Projekt auf der digitalen Beteiligungsplattform präsent. Oder sie wirken in andere Themengruppen hinein, erzeugen beispielsweise Überschneidungen zum städtischen Energieanbieter oder einem landwirtschaftlichen Betrieb. 

Was mich an dem Ansatz von Coburg bzw. von Karin und Katharina als Hauptverantwortliche, vor allem begeistert ist ihre Haltung den Bürger*innen gegenüber. Sie nehmen die Coburger*innen als Expert*innen ihres Lebensraumes wahr und versuchen durch die verschiedenen Beteiligungsformate das kollektive Wissen der Einwohner*innen zu nutzen. Großartig!

Jelena Gregorius, Senior Government Success Manager DACH

Flexibel bleiben in der Beteiligung

Natürlich läuft der Green Deal in Coburg basierend auf einer strategischen Vorplanung. Stammtische und Sitzungen etc. müssen terminiert, Kooperationen initiiert, Aufrufe in Social Media umgesetzt werden etc. Aber manche Detailarbeit, so Karin Engelhardt, entsteht „on the fly“. Das ist bei einer kleineren Stadt wie Coburg ein Vorteil. Dieses flexible Agieren ermöglicht nämlich bei Bedarf auch mal ein Vorgehen anzupassen oder zu verändern. So ist die Zeitleiste des Projektes nicht in Stein gemeißelt, sondern wird fortlaufend an die Bedürfnisse der Einwohner*innen und Zwischenergebnisse angepasst. 

Das Nachrichtentool der Beteiligungsplattform ist ein praktischer und ebenso flexibler Begleiter auch von spontanen Veranstaltungen. So erreicht man schnell und kostengünstig schon mal all die, die bereits registriert sind, erklärt Karin Engelhardt. 

Von der Beteiligungsidee in die Themengruppen

Über 350 Bürger*innen-Ideen kamen offline und online in Coburg zusammen. Daraus sind zehn Themenkomplex-Gruppen entstanden, die ihren jeweils eigenen Fokus verfolgen. Es geht dabei z. B. um Ernährungs-, Müll-, oder Mobilitätsthemen, die auch im laufenden Prozess für neue Teilnehmer*innen offen stehen.

Aus der auf der Beteiligungsplattform zum Download zur Verfügung gestellten Dokumentation der Themengruppe ‘Verkehr’.

Ideenexplorer – Auswertungen von hunderten Beteiligungsideen

Bei so vielen Themen und Ideen entsteht für ein Beteiligungsteam viel Arbeit. Deswegen hat die Stadt neben den auf der Citizenlab-Plattform zu Verfügung stehenden Analyse-Tools auch noch einen Ideen-Explorer zur Hand bekommen, um die Ideen nach bestimmten Kriterien vorzusortieren und so Arbeit zu minimieren. Diese vorsortierten Ideencluster konnten in Coburg vom Team leichter auf Machbarkeit überprüft werden. 350 Ideen wurden auf 60 machbare Vorhaben heruntergebrochen. Diese wurden dann den zehn Coburger Themenfeldern zugeteilt.  „Eine mühevolle, aber lohnende Arbeit“, so Karin Engelhardt.

Auf unserer Plattform ist immer viel Bewegung. Für eine Stadt mit der Größenordnung unserer ist es schon enorm. Normalerweise, bei so ‘ganz normalen Bürgerbeteiligungen’ aus der Stadtentwicklung, kommen zehn Bürger*innen ins Rathaus – und das ist dann schon viel.

Karin Engelhardt, Abteilungsleiterin Innovation, Projektentwicklung und Partizipation


Green Deal:  Bürger*innen und Stadt Hand in Hand für eine nachhaltige Zukunft 

Coburg hat es geschafft, ein wahres Bürger*innenprojekt aus dem Green Deal zu machen. Hier ist spürbar, dass die Menschen für die Zukunft ihrer Stadt Verantwortung übernehmen und mit der Stadt auf Augenhöhe arbeiten möchten. Über 70 Freiwillige sind in den Projektgruppen aktiv. Mit Handgemachtem, Ideenreichtum und selbst geschmierten Broten! 

Für uns ist die Beteiligungskultur in Coburg auch im laufenden Projekt schon eine Erfolgsgeschichte. Die Herangehensweise in Coburg ist auch für andere Städte eine wertvolle Quelle, wenn es um Planung und Umsetzung von Bürger*innenbeteiligung geht. 

Coburg hat den Wert digitaler Beteiligung schlau zum Einsatz gebracht. Mit der digitalen Beteiligungsplattform als Ankerpunkt wird die Beteiligung im Allgemeinen gestärkt. 

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