Der Bürgerhaushalt –  oder anders formuliert, die Einbeziehung der Gemeinschaft in die Zuweisung öffentlicher Mittel – ist ein wirkungsvolles Instrument für Städte und Kommunen. Erstens wird durch die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger die Gemeinschaft gestärkt und zweitens arbeitet man gemeinsam daran, ein öffentliches Thema zugänglicher und gerechter zu machen.

Alle Vorteile der Beteiligung in einem einzigen Prozess

Der Beteiligungshaushalt (alternativ Partizipations- oder Bürger:innen- haushalt) ist eine der beteiligungsintensivsten Methoden, die einer Stadt oder Kommune zur Verfügung stehen. Er erfordert ein erhebliches kommunales Engagement und überträgt einen wesentlichen Teil der Entscheidungsbefugnis auf die Bürger:innen. Entsprechend ist er auch ganz oben auf der Beteiligungsleiter angesiedelt. Der Beteiligungshaushalt verstärkt die vielen Vorteile von Bürger:innenbeteiligung. Hier einige Beispiele:

  • Ein Bürgerhaushalt ermöglicht es den Bürger:innen, die städtischen Haushaltsmittel nach ihren wichtigsten Prioritäten, Bedürfnissen und Wünschen für die Gemeinde oder ein spezifisches Stadtviertel zu verteilen. Auf der Grundlage dieses Inputs können die Kommunalverwaltungen öffentliche Dienstleistungen und Infrastrukturen gestalten, die für die Gemeinschaften, denen sie dienen, relevanter sind.
  • Durch die Nutzung der kollektiven Intelligenz der Bürger:innen kann ein Bürgerhaushaltsprojekt den Kommunalverwaltungen helfen, innovativere und effektivere Lösungen für lokale Probleme oder Herausforderungen zu entwickeln. 
  • Ein Bürgerhaushaltsprojekt klärt die Bürger:innen über die Prozesse (und Grenzen) der kommunalen Haushaltsaufstellung und Politikgestaltung auf, was letztlich die Transparenz verbessert und Wissen erhöht.
  • Da die Zuweisung von Haushaltsmitteln in Abstimmung mit den Einwohner:innen erfolgt, werden neue politische Maßnahmen und Entscheidungen von der Gemeinschaft und Interessengruppen oft besser unterstützt.
  • Bürgerhaushalte erregen oft mehr Interesse bei Einwohner:innen und ermuntern dazu, sich erneut zu beteiligen.
  • Beteiligungshaushaltsprojekte helfen den Kommunalverwaltungen, ein breiteres Publikum zu erreichen, darunter auch Menschen, die in öffentlichen Gesprächen traditionell eher unterrepräsentiert sind.

Wie ein Bürgerhaushalt Ihnen hilft, Ihr Publikum zu diversifizieren

Schauen wir uns den letzten Punkt nochmal etwas genauer an. Schließlich ist ein inklusiver Ansatz zur Einbindung der Gemeinschaft nicht nur richtig, sondern auch ratsam. Nur wenn Sie ein breite Stimmenvielfalt Ihrer Gemeinschaft schaffen, können Sie wirklich repräsentative und demokratisch fundierte politische Maßnahmen entwickeln. 

Bürger:innen sind beim Partizipationshaushalt aktiv an der Entscheidung beteiligt, wie öffentliche Gelder verwendet werden sollen.

Beim Aufbau eines Beteiligungsprojekts ist es entscheidend, ein Publikum zu erreichen, das über die „üblichen Verdächtigen“ hinausgeht. Wie also kann ein Bürgerhaushalt dabei helfen? Im Folgenden haben wir die drei wichtigsten Gründe aufgeführt. 

Ein Bürgerhaushalt erhöht den Einsatz

Es ist eine Realität, der wir uns stellen müssen: Einige Gemeinschaftsmitglieder oder gesellschaftliche Gruppen könnten den von Ihnen initiierten Beteiligungsprojekten gegenüber skeptisch eingestellt sein. Sie zweifeln etwa, ob ihr Einsatz etwas bewirken wird oder ob die Politik wirklich ihr Bestes im Sinn hat. Dies betrifft z.B. Gruppen, die in der öffentlichen Politik traditionell unterrepräsentiert sind. 

Der Bürgerhaushalt überträgt den Gemeinschaftsmitgliedern jedoch von Natur aus mehr Entscheidungsbefugnis als andere beliebte (und potentiell weniger aufwändige) Beteiligungsformen. Mehr noch als durch das Ausfüllen einer kurzen Umfrage oder das Teilen einer Idee können Bürger:innen und lokale Interessengruppen durch Entscheidungen zur Vergabe öffentlicher Mittel bestimmte Themen oder Politikbereiche ganz oben auf die Tagesordnung setzen und positive, sichtbare Veränderungen in ihrem Alltag herbeiführen. Natürlich ist es für Kommunalverwaltungen wichtig, konsequent über die Ergebnisse des Bürgerhaushalts zu kommunizieren. 

Beim Beteiligungshaushalt geht es um mehr, als beispielsweise einer schnellen Stimmungsabfrage. Dies könnte dazu beitragen, diejenigen zu überzeugen, die in der Vergangenheit nicht daran interessiert waren, sich in Beteiligungsprojekte einzubringen. 

Ein Bürgerhaushalt hat auch einen pädagogischen Wert

Wie bereits im ersten Teil dieses Artikels erwähnt, kann ein Beteiligungshaushalt den Bürger:innen vermitteln, wie Prozesse in der Kommunalpolitik ablaufen. Das macht ihn besonders geeignet, um Menschen schon in jungen Jahren für die Bürger:innenbeteiligung zu gewinnen. Mit dem Beteiligungshaushalt als Bildungsinstrument erhöht sich das Verständnis der Jugendlichen für Demokratie und politische Selbstermächtigung. Viele Vorteile resultieren: Sie nehmen sich als aktivere Mitglieder ihrer Gemeinschaft wahr, kommen zusammen, tauschen Ideen aus, entwerfen, planen, beraten und priorisieren Ideen für das Gemeinwohl. 

Eva Mayer, CitizenLab-Partizipationsexpertin, hat zum Thema Jugendbeteiligung vier Schritte identifiziert, wie junge Menschen sich stärker in lokale Politikgestaltung einbringen.  

Online, inklusiv & lokal: Junge Menschen in Politikgestaltung einbinden.

Ein Bürgerhaushalt kann hybrid sein

Der Beitrag zu einem Bürgerhaushaltsprojekt kann sowohl digital als auch persönlich erfolgen. Um ein breiteres Publikum zu erreichen, empfehlen wir eine Kombination beider Ansätze. Eine digitale Beteiligungsplattform, wie die CitizenLab-Plattform, kann Bürger:innen mit vollen Terminkalendern, oder die in abgelegenen Gebieten leben, oder digital aktive Gruppen (wie junge Menschen) motivieren, sich auf eine für sie geeignete Weise zu beteiligen. Andererseits stellen Offline-Optionen sicher, dass Menschen, die keinen Zugang zu digitalen Werkzeugen haben oder nicht digital veranlagt sind, die Möglichkeit zur Beteiligung haben. 

Fallbeispiel: Mit ihrem Nachbarschaftsbudget setzt die Stadt Gent Maßstäbe in der Bürgerbeteiligung 

Die Stadt Gent in Belgien nutzte unser Instrument für ihr Nachbarschaftsbudget, um die Bürger:innen aktiv in die Verbesserung der Stadtviertel einzubeziehen. Kombiniert hat die Stadt die digitale Partizipation auch mit offline-Methoden, so dass ganz Gent über die Beteiligung Bescheid wusste. Für ihr Nachbarschaftsbudget stand der Stadt ein Gesamtbudget von 6,25 Millionen Euro zur Verfügung –  pro nachbarschaftlichem Gebiet waren das zwischen 150.000 und 350.000 Euro.  

Hier geht es zur Fallstudie Gent.

Möchten Sie mehr lernen über Bürger:innenbeteiligung? Wir haben etliche kostenlose Ressourcen für Sie in unserer Bibliothek – z.B.: