Bürger:innen beteiligen und deren kollektive Intelligenz nutzen. So können Städte auf der ganzen Welt bessere Prioritäten setzen und eine nachhaltige Entwicklung auf kommunaler Ebene voranbringen. 

Aber was bedeutet nachhaltige Entwicklung wirklich? Und wie können Kommunalverwaltungen die Kraft der Gemeinschaft nutzen, um echte, greifbare Veränderungen zu bewirken und die richtigen Prioritäten zu setzen? Schauen wir uns das mal an! 

Was ist nachhaltige Entwicklung? 

Laut den Vereinten Nationen ist nachhaltige Entwicklung wie folgt definiert: „Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen.“ In anderen Worten: Nachhaltige Entwicklung verlangt von uns, dass wir einen Weg finden, unser Leben zu leben und unsere Wirtschaft florieren zu lassen, während wir gleichzeitig den Planeten schonen, ihn für die Menschen nach uns erhalten und Ungleichheiten beseitigen. 

Um diese Art von Entwicklung zu konkretisieren und zu unterstützen, haben die Vereinten Nationen die Ziele für nachhaltige Entwicklung formuliert (Sustainable Development Goals, abgekürzt: SDGs). Diese handlungsorientierten Initiativen spiegeln eine globale Partnerschaft zwischen den Nationen wider, um die Armut zu beenden, unseren Planeten zu erhalten, die Gleichstellung der Geschlechter zu fördern und Gemeinschaften überall zu stärken. In Form von 17 Kernzielen und 169 Zielvorgaben dienen die SDGs als universeller Aufruf zum Handeln. 

In diesem Video werden die Ziele erläutert:

Wie Bürgerbeteiligung zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen kann

Die SDGs sind zwar groß angelegte, übergreifende Ziele, auf die die Länder hinarbeiten müssen, doch echte Veränderungen beginnen meist im Lokalen. Indem die Einwohner:innen informiert und direkt in alle Maßnahmen zur Verwirklichung der SDGs einbezogen werden, haben Kommunalverwaltungen eine viel höhere Chance, tatsächlich Fortschritte zu erzielen. Aber auch, dass die ergriffenen Maßnahmen wirklich mit den lokalen Gegebenheiten im Einklang stehen und den Menschen direkt dienen. Schließlich hat jede Gemeinschaft ihre ganz spezifischen Bedürfnisse. Während Kommunen in ländlichen Regionen vielleicht eher daran interessiert sind, Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels oder zum Schutz der Meeresfauna zu ergreifen, geht es Gemeinden in Ballungszentren vielleicht eher darum, die Armut zu bekämpfen, die wirtschaftliche Entwicklung zu fördern oder die Industrie und Infrastruktur zu verbessern. 

Es gibt verschiedene Strategien, die Kommunalverwaltungen in Erwägung ziehen können, um die Bevölkerung zu informieren, einzubeziehen und zu befähigen. Vom Durchführen einer simplen Umfrage zu den persönlich wichtigsten Prioritäten bis hin zur Zuteilung von Ressourcen für die verschiedenen Nachhaltigkeitsziele –  die Bürger:innen einzubinden gibt Kommunalverwaltungen wichtige Rückmeldungen und befähigt sie, inklusive und reaktionsfähige Entscheidungen zu treffen. Dies stärkt die Rechenschaftspflicht, denn die Maßnahmen werden für die Bürger:innen leichter überprüf- und messbar, und sie können ihre Rückmeldung geben. Insgesamt wird durch Bürger:innenbeteiligung das Vertrauen zwischen den Gemeinschaftsmitgliedern und ihren gewählten Vertreter:innen gestärkt. Die Akzeptanz politischer Entscheidungen steigt, was wiederum die Wahrscheinlichkeit eines tatsächlichen Wandels erhöht.

Wir haben ein paar Beispielfälle aus dem internationalen CitizenLab-Netzwerk herausgesucht, die die Sustainable Development Goals (SDGs) ganz gezielt mit Partizipation ihrer Bevölkerung angehen: 

Bürger:innenbeteiligung im Dienste der nachhaltigen Entwicklung

Angepasste Bildung und frühes Lernen in Stirling, Schottland ?

Im schottischen Stirling werden derzeit eine Reihe von Projekten auf der stadteigenen Online- Plattform für Bürger:innenbeteiligung durchgeführt. Eines dieser Projekte ist eine Befragung, in der es um die Erhöhung der Zahl von Sekundarschulplätzen geht. Ein Anstieg dieser Plätze würde ermöglichen, mehr Kinder mit komplexem zusätzlichem Förderbedarf, einschließlich Autismus-Spektrum-Störungen, zu unterstützen. Der Rat ließ die Gemeindemitglieder durch eine Umfrage und eine Reihe von öffentlichen Versammlungen über den bestmöglichen Ansatz abstimmen. 

Zunächst wurden die Bürger:innen gebeten, ihre Rückmeldungen zum Thema Frühförderung und Kinderbetreuung zu geben. In Schottland haben alle Drei- und Vierjährigen (sowie förderfähige Zweijährige) Anspruch auf 1.140 Stunden staatlich finanzierter Früherziehung, die die frühe Entwicklung der Kinder fördert. Damit soll der  Weg für spätere Bildungschancen geebnet und Ungerechtigkeiten beseitigt werden. Im Rahmen einer Umfrage fragte Stirling die Eltern, wie diese finanzielle Unterstützung am besten auf die tatsächlichen Bedürfnisse zugeschnitten werden könnte. Mit diesen Initiativen setzt sich Stirling für das SDG 4 (Qualität der Bildung) ein. 



Workshops zur reproduktiven Gesundheit für Frauen in Chile ?

INJUV, das Nationale Jugendinstitut Chiles, nutzte die CitizenLab-Plattform, um Millennials nach ihren Ideen für die nachhaltige Entwicklung ihrer lokalen Gemeinschaften zu befragen. Eine der beliebtesten Ideen war die Organisation von Workshops zu sexuellen und reproduktiven Rechten für junge Frauen. Diese wurden  zur Umsetzung angenommen. In den Schulungen sollte es um Selbstfürsorge und Selbstwertgefühl gehen, aber es sollte auch ein sicherer Raum für Diskussionen über Sexualität geschaffen werden. Diese Ziele stehen in engem Zusammenhang mit SDG 3 (Gesundheit und Wohlbefinden) und SDG 5 (Geschlechtsidentität).

Zuweisung von Haushaltsmitteln und Festlegung der Prioritäten in Antony, Frankreich ?

Die französische Stadt Antony hat ein mit 600 000 Euro dotiertes Bürgerhaushaltsprojekt ins Leben gerufen, um ihre Einwohner:innen direkt in die Festlegung der Prioritäten für die lokale nachhaltige Entwicklung einzubeziehen. Auf der Grundlage der vollständigen Liste der SDGs legte die Verwaltung 20 lokale Themen fest, darunter mehr Grünflächen, die Förderung nachhaltiger Mobilität und die Unterstützung einer Kreislaufwirtschaft. 

Alle Bürger:innen älter als 16 Jahre konnten Vorschläge und Projekte zur Erreichung eines der vorgegebenen Ziele einreichen. Diese wurden dann von einem speziellen Auswahlausschuss erörtert und zur Abstimmung in der Gemeinschaft gestellt. Am Ende standen  20 Siegerprojekte fest, darunter die Anpflanzung eines Mikrowaldes, die Einrichtung eines Gemeinschaftsgartens und eines Hühnerstalls sowie die Erstellung eines Inventars der lokalen Artenvielfalt. Die Maßnahmen in Antony stehen unter anderem im Zusammenhang mit SDG 13 (Klimaschutz).

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