Dieser Beitrag ist Teil einer Serie zu Smart City Wunsiedel von CitizenLab.

2019 wurde Wunsiedel im Fichtelgebirge als bundesweit einziger Landkreis zur Modellregion „Smart Cities“ ernannt – einem Projekt des Bundesministeriums des Innern. Über einen Zeitraum von sieben Jahren wird das „Smarte Fichtelgebirge“ digitale Anwendungen entwickeln, die sich auch auf andere ländliche Regionen übertragen lassen sollen. Dabei geht es von smarter medizinischer Versorgung über digitale Bildung hin zum smarten Tourismus – und vielem mehr. 

Die Telekom begleitet die Smart City Modellregion Wunsiedel i.F. in die digitale Zukunft. In unserer Serie Blickwinkel beantwortet Ole Schilling, Leiter des Smart City Unit, was aus seiner Sicht zum Gelingen der Transformation beiträgt. Wir sprachen über bisherige Erfahrungen in Wunsiedel sowie Herausforderungen und Tipps, die sich auch auf andere Smart City Regionen übertragen lassen. 

Q: Sie begleiten Wunsiedel seit 2019 beim Weg in die Smart City. Was waren besondere Herausforderungen aus denen auch andere Landkreise lernen können?

A: Die Herausforderung war, dass Wunsiedel ein Landkreis ist, d.h. wir haben in Wunsiedel 17 verstreute Kommunen und entsprechend 17 Bürgermeister:innen. Das Projekt fing mit der grundsätzlichen herausfordernden Fragestellung an, wie man Partizipation über mehrere Kommunen hinweg machen kann. Im Fall Wunsiedel war es so, dass der Landkreis die Verwaltung des gewonnen Fördergeldes innehatte. Die Bürgermeister:innen aber waren alle relevante Stakeholder für das Projekt. Die wurden dann in alle Handlungsfelder integriert indem hier vom Landkreis Schirmherrschaften vergeben wurden. 12 Schirmherrschaften für 12 Handlungsfelder. Also saßen überall politische Sprecher drauf. Das hat die Akzeptanz für die ganze Entwicklung sichergestellt und das hat dann auch für eine gewisse Zielgruppe der Bürger:innen sehr gut funktioniert.

Q: Wie lief es mit der Integration der Beteiligungsplattform? 

A: Die Beteiligungsplattform ist ja das erste Tool, das hier in der Region zum Einsatz kam, es gab noch keine Online-Community, die man nutzen konnte. Deswegen ist ein Kernbestandteil für den Erfolg – und das liegt meistens nicht so sehr in den Händen des Projektmanagements oder der Plattform – dass das kommunikativ auf Höhe geschossen wird. Es ist also wichtig, wenn man in diesen digitalen Kanal hineingeht, dass man sagt, der Landkreis muss es kommunikativ auch wirklich unterstützen, damit das bei allen Leuten wahrgenommen wird, dass sie es finden und partizipieren können. Das hat hier gut funktioniert!

Q: Worauf sollten Kommunen beim Einsatz der Beteilungsplattform unbedingt achten? 

A: Wenn man sich für die Beteiligungsplattform entscheidet, dann sollte sie nicht ausschließlich projektbezogen zum Einsatz kommen. In Wunsiedel sind mittlerweile 1000 Nutzer:innen auf der Plattform aktiv. Hätte man nach dem Projekt, nach Fertigstellung der Strategie einfach den Kanal wieder zugemacht, dann würde die ganze Energie verschwinden. Viel größeren Sinn macht es, zu sagen,  sucht euch das geeignete Beteilungstool aus und setzt die Arbeit darauf fort. Kümmert euch darum, dass die Interaktion weiter auf der Plattform bleibt, dass da Dinge passieren. Dass man also den Kanal weiter pflegt, das wäre eine meine unbedingte Empfehlung.

Durch die Nutzung von Skizzen können Bürger:innen besser nachvollziehen und verstehen, worum es geht.
Rückmeldungen von Bürger:innen online und offline einladen. Und so Feedback, Ideen und Kritik zu Smart City Handlungsfeldern gewinnen.

Q: Welche wichtigen Learnings haben Sie bei der Bürger:innenbeteiligung gemacht?

A: In Wunsiedel gab es zwei Phasen der Partizipation. Am Anfang haben wir komplett offen Bedürfnisse abgefragt, einen Fragebogen mit rund 15 Fragen verschickt. Da haben wir gemerkt, das war zu generisch, die Bürger:innen konnten das nicht so ‘anfassen’, es war noch zu abstrakt. In der zweiten Etappe sind wir viel konkreter vorgegangen und haben Bilderprototypen und Skizzen genutzt. Dahingehend ändern wir gerade auch den Prozess. Das heißt, am Anfang konsolidieren wir den Status Quo, den wir vorfinden und visualisieren dann Ansätze. Das kann eine grundsätzliche strategische Zielsetzung sein oder Handlungsoptionen. Und das ist nach meiner Meinung sehr viel effektiver in der Abstimmung. Wir haben dann auch mit der (CitizenLab)-Plattform zu den 12 Handlungsfeldern, die wir hatten, Ideenansätze in einem Bild skizziert, z.B. eine Mobilitätsstation. Eine kleine Skizze, in Farbe. Dadurch konnten sich die Bürger:innen das viel konkreter vorstellen und konnten dann auch viel gezielter ihren Meinung dazu äußern, also ob ihnen im Projekt noch etwas fehlt, ob sie noch ergänzen möchten etc. Das wäre also eine ganz wichtige Empfehlung, die der effektiven Partizipation hilft. 

Meine Grundempfehlung: nutzt Bilder, illustriert eure Ideen, nutzt das sowohl in Papierumfragen wie im Online-Tool. Und ganz wichtig und grundsätzlich: immer analog und digital zusammen nutzen und verbinden.

Lesen Sie auch unsere Case Study zur Digitalisierung in Wunsiedel i.F. und erfahren Sie alles über den Transformationsprozess zum ‚Smarten Fichtelgebirge‘!